Soziale Kompetenz kann man lernen
Wie das zwischenmenschliche Miteinander funktioniert, hängt von unserer Soziale Kompetenz ab, d.h. wie wir miteinander umgehen. Zum Streiten gehören bekanntlich immer zwei, aber auch zum gut miteinander Auskommen. Dazu brauchen wir passende Fähigkeiten und Werkzeuge.
Sabine wohnt in einem netten Häuschen in einer Wohnsiedlung. Sie fühlt sich dort wohl und kommt mit den Nachbarn gut aus, bis auf eine kleine Sache, die manchmal sehr ärgerlich sein kann. Die Siedlung wurde zu einer Zeit geplant, als es noch nicht viele Autos gab. Die Straßen sind sehr eng. Die meisten der Anwohner haben zwar eine Garage, aber mittlerweile gibt es in der Siedlung mehr Autos als Parkflächen. So kommt es immer wieder einmal vor, dass vor Sabines Einfahrt ein Auto so parkt, dass sie weder raus- noch reinfahren kann. Manchmal sind es Besucher der Nachbarn und manchmal die Nachbarn selber, die nur schnell einmal aus Bequemlichkeit das Auto auf der Straße stehen lassen. Für Sabine ist das besonders ärgerlich, weil sie dann zuerst die Übeltäter suchen muss, um rechtmäßig ihre Einfahrt benutzen zu können. Manchmal können da Termine ganz schön eng werden, wenn sie den Falschparker nicht gleich findet. In der Vergangenheit hat sie dann ihrem Ärger ziemlich Luft gemacht und war hinterher über ihre Reaktionen unglücklich.
Angemessen verhalten – Soziale Kompetenz zeigen
Sich in einer schwierigen Situation, die einen ziemlich ärgert, angemessen verhalten – wie geht das? Wie kann ich in einer für mich ärgerlichen Situation eine legitime Forderung formulieren und mein gewünschtes Ziel erreichen?
Warum sind Menschen aggressiv?
Ursachen für Aggression können Ärger oder aufgestaute Wut sein. Vernachlässigung oder Gewalt im Elternhaus können ebenso zu erhöhter Gewaltbereitschaft führen. Bei Jugendlichen kommt oft das Bedürfnis aufzufallen und cool zu wirken und der Gruppendruck hinzu. Sie wollen selbstsicher wirken und übertünchen ihre Unsicherheit durch aggressives Verhalten.
Worin unterscheiden sich selbstsicheres, unsicheres und aggressives Verhalten?
Eine selbstsichere Person hat eine entspannte Körperhaltung und ihre Mimik und Gestik passen zum ruhigen Verhalten. Sie spricht angemessen laut, klar und deutlich. Die Forderungen und Wünsche werden eindeutig und bestimmt formuliert. Die eigenen Bedürfnisse und Gefühle werden in der „Ich-Form“ klar ausgedrückt. Unsichere Menschen sprechen meist leise und zaghaft. Ihre Formulierungen sind umständlich und vage. Wünsche und Gefühle werden meist nicht direkt ausgedrückt und das „ich“ versteckt sich meist hinter dem Wort „man“. Die Körperhaltung wirkt unsicher und verkrampft, Blickkontakt wird eher vermieden. Aggressive Menschen drücken ihre Wünsche und Gefühle lautstark oder mit bedrohlichem Unterton ganz leise aus. Sie werden rasch drohend und beleidigend und ignorieren die Argumente ihres Gegenübers. Die Gestik unterstreicht das aggressive Verhalten, Blickkontakt wird entweder vermieden oder besonders intensiviert.
Denken Sie an eine ärgerliche Situation mit jemanden anderen. Wie haben Sie reagiert?
Kommunikation und soziale Interaktion findet immer dann statt, wenn wir mit einem Menschen reden, verhandeln, schweigend nebeneinander sitzen oder Zärtlichkeiten austauschen. In allen diesen Fällen teilen wir dem anderen etwas mit. Das geschieht sogar dann, wenn wir meinen, dass wir einander nichts mitteilen. Auch das Schweigen wird wahrgenommen und interpretiert. Der Psychologe Paul Watzlawick meinte: „Man kann sich nicht nicht verhalten.“ oder „Man kann nicht nicht kommunizieren.“
Soziale Kompetenz ist erlernbar
Viele Gedanken und Bewertungen in unserem Leben laufen voll automatisch und unbewusst ab. Manche haben in unserem Denken tiefe Spurrinnen hinterlassen, sodass wir immer wieder in die gleiche Richtung gehen und uns bestimmte Verhalten angewöhnt haben. Damit Veränderung möglich ist, müssen wir uns unserer Gedanken, Bewertungen und inneren Gespräche bewusstwerden. Wir müssen vom Automatikmodus zu einem bewussten Denk- und Handlungsablauf kommen.
Übung: Schreiben Sie drei Eigenschaften von Ihnen auf, die Sie gut finden und versuchen Sie sich dabei zu beobachten. Welche Gedanken gehen Ihnen durch den Kopf?
Manchen fällt es auch schwer, ein Lob oder Kompliment von jemandem anzunehmen und sich die Freude darüber anmerken zu lassen. In unserer Kultur richten wir öfter den Fokus auf den Mangel, auf das, was fehlt oder nicht in Ordnung ist. Wir wollen ja auch nicht eingebildet oder überheblich scheinen.
Veränderung praktisch umsetzen
Sabine beginnt konsequent ihre Gedanken und Gefühle zu notieren, die sie in für sie ärgerlichen Situationen hat, besonders, wenn sie wegen anderer Autos Mühe hat, mit dem raus- und reinfahren beim Tor. Sie macht sich Gedanken über ihre Bedürfnisse. Im Gespräch mit einer Freundin über diese Situation, übt sie ihre Bedürfnisse zu formulieren. Die Freundin rät ihr, nicht auf die nächste Situation zu warten, sondern bewusst das Gespräch mit den Nachbarn zu suchen und ihre Bedürfnisse zu formulieren. In diesem Gespräch merkt sie, dass die notorischen Falschparker sich gar nicht bewusst waren, wie schwer das rein- und rausfahren für Sabine ist. Dadurch, dass Sabine sich ihrer Bedürfnisse und Ziele bewusst wurde, konnte sie diese mit einer Bestimmtheit und einem guten Maß an Selbstsicherheit formulieren. Sie konnte klar ihre Wünsche äußern und erreichte damit ein gutes Verständnis bei ihren Gesprächspartnern.
Brigitte Malzner, Diplom Lebens- und Sozialberaterin, www.coachingteam.info
Quelle: Gruppentraining sozialer Kompetenzen (GSK), Autoren Hinsch & Pfingsten
Der vollständige Artikel erschien in der Zeitschrift Ehe und Familien Bausteine Nr. 100. Sie können diese Zeitschrift kostenlos als pdf-Datei bekommen, wenn Sie sich beim Newsletter anmelden.
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