In stürmischen Zeiten getragen

Eine Zufallsdiagnose Tumor brachte es ans Tageslicht. Ein Tumor hatte sich in der Blase von Erhard angesiedelt und musste operiert werden. In dieser Zeit musste das Ehepaar kurz vor dem erhofften Pensionsantritt von Erhard emotional und arbeitsmäßig große Herausforderungen bewältigen.

 Sorgen über Sorgen (Esther)

Die Sorgen schienen über uns einzustürzen und manchmal fühlte ich mich unter den Sorgen begraben. Da war die Angst und Ungewissheit über die Diagnose. Welchen Befund würde die Operation ergeben? Wie würde die Zukunft aussehen? Würde die Pension bewilligt werden? Würden die Pläne, die wir gemacht haben, halten? Alles war im Ungewissen. Alle Zukunftspläne schienen hinter der Sorgenwand verschwommen zu sein. Dazu kam, dass das gegenwärtige Leben auch bewältigt werden wollte. Entscheidungen über den Umzug in eine neue Wohnung im Sommer sollten getroffen werden. Es war ein Spagat, gedanklich und gefühlsmäßig, alles unter die Füße zu bekommen.

Fragen über Fragen

Mit allen Sorgengedanken stellten sich sonst noch viele Fragen ein. Hatte Gott noch die Kontrolle über alles? Nützte mein Vertrauen zu ihm? Bewirkte es etwas? Hörte er meine Gebete? Würde er zur richtigen Zeit antworten? Was wäre, wenn Gottes Eingreifen zu spät kommen würde? Wie wird die Pensionsversicherung entscheiden?

Wo hat jeder von uns seinen Halt? Wo haben wir gemeinsam als Ehepaar unseren Halt?

Raus aus der Sorgenfalle

Für mich war in dieser Zeit sehr wichtig, meinen Gedanken Orientierung und Halt zu geben. Hätte ich sie einfach laufen und ihrem Eigenleben überlassen, wäre ich überschwemmt worden von Sorgen und Zweifeln. Mit meinen Gedanken wären ebenso meine Gefühle ins Uferlose abgestürzt. Abgestürzt in die völlige „Zersorgung“ und die „Angstspirale“. Schlaflosigkeit, körperliche Anspannung bis hin zu Panikattacken hätten die Folge sein können.

In dieser Zeit begegnete mir Gottes Wort als mein Halteseil. Es war als wenn Gott es mir selbst zugeworfen hätte. Ich las in der Bibel Psalm 81, Vers 7: „Ich habe deine Schultern von der Last befreit. Den schweren Tragekorb habe ich dir abgenommen. Als du in der Not zu mir schriest, rettete ich dich.“ Genau diese Zusage Gottes hat meine Seele erreicht und mir gezeigt: Lange bevor ich davon wusste, hat Gott mir meinen Sorgenrucksack abgenommen. Er hat die Kontrolle über unsere Gegenwart und über unsere Zukunft. Es kann nichts geschehen, was nicht unter seiner Kontrolle ist.

Ja, damit konnte ich leben. Daran wollte ich festhalten. Das wurde ein Halteseil für meine sorgenvollen Gedanken. Meine Empfindung: Wir beide waren gemeinsam getragen.

Jeder ist getragen (Erhard)

Als ich von meinem Blasen Tumor erfuhr, war ich zunächst geschockt. Ich war wegen einer Darmproblematik im Krankenhaus. Doch als Erstes sagte der Arzt bei der Ultraschalluntersuchung: „Sie haben einen Blasentumor, der sollte unbedingt entfernt werden.“ Dieser Mann sagte mir einfach knallhart die Wahrheit ins Gesicht. Wie geht es einem Menschen, wenn er so etwas hört? Er ist am Boden zerstört. Welch ein Geschenk für mich, dass es da ein Gegenüber gab mit dem ich reden konnte. Einerseits Esther, meine Frau, aber andererseits konnte ich mit diesem Faktum zu Gott, meinem Vater im Himmel gehen. Beim Nachdenken über diese Erkrankung, kam mir der Gedanke: Mein Vater im Himmel weiß um das Warum und das Wozu. Jetzt erlebte ich eine Krankheit und das Kranksein einmal aus der Patientensicht. Als Pfarrer kannte ich Krankheiten mehr aus der Besuchersicht.

Ein Lied von Arne Kopfermann wurde mir zu einem Ohrwurm: „Ich bleib bei dir, denn du hältst mich immer und ewig an deiner Hand, du leistest mich nach deinem Rat. Du nimmst mich mit Ehre an, wenn mir Leib und Seele stirbt, du bist allezeit mein Gott, meines Herzens Trost und Teil.“ (Die Bibel, Psalm 73, Verse 23 bis 26).  In meinen Gedanken und Gefühlen war es tief präsent: „Ja, ich bin in Gottes Hand, er leitet mich, er ist mein Trost und ich gehöre ihm.“ Ein tiefer Friede erfüllte mich in der Nacht und am Tag der Operation.

An Gottes Hand festhalten

Das Lied und der Bibeltext begleiteten mich weiter. Eine Komplikation mit schmerzhafter Behandlung verzögerte die Entlassung aus dem Krankenhaus. Da waren die Fragen: „Warum ich? Warum kann das nicht glattgehen?“. Das jedoch war nicht alles. Als ich einem Mitpatienten helfen wollte, dass er nicht stürzte, zog ich mir eine äußerst schmerzhafte Muskelzerrung am Knie zu, die 14 Tage Heilung brauchte. Wieder waren die Fragen da: „Warum gerade ich? Warum auch das noch? Was ist eigentlich mit Gottes Liebe zur mir?“ Da war wieder das Lied: „Ich bleib bei dir, denn du hältst mich immer und ewig bei deiner Hand, du leitest mich nach deinem Rat.“ So habe ich Gott mein Ja gegeben für diese Situation. Ja, ich will bei Jesus bleiben und zweifle seine Liebe zu mir nicht an; auch wenn ich Schmerzen habe, liebt er mich. Seine Liebe ist immer da, wenn auch in einer anderen Form, in Form von Trost und Ermutigung.

 Zu zweit – auch weiter nicht allein

Unser gemeinsames Gebet und Vertrauen auf unseren liebenden Vater im Himmel war und ist unser sicherer Halt. Wir sind nicht alleine, sondern von ihm getragen und getröstet. Wie gut, dass er „der Dritte im Bunde“ in unserer Ehe ist. Es bewahrheitet sich die Aussage aus der Bibel, im Buch der Sprüche, Kapitel 4, Vers 12: „Eine dreifache Schnur reißt nicht leicht entzwei.“

In der Zwischenzeit hat sich auch die Frage meines Pensionsantrittes geklärt. Ich konnte in Pension gehen und wie geplant den Umzug in unsere neue Heimat durchführen.

 

Esther und Erhard Lieberknecht, leben jetzt in Vöcklabruck (OÖ)  und sind fast 40 Jahre verheiratet

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